Ist die Party vorbei? Es scheint fast so. Der Himmel über Cannes war so trübe wie die Aussichten der Immobilienwirtschaft. Wie jedes Jahr gibt es Durchhalteparolen und die unverbesserlichen Optimisten sehen schon in der kleinsten Bewegung der Branche Licht am Ende des Tunnels. Aber Daten und Fakten sprechen eine andere Sprache.


Die Zahl der Ausstellenden und Besucher*innen ist spürbar zurückgegangen. Wo sich vor fünf Jahren noch Massen durch die Hallen bewegten sind jetzt so manche Gänge am ersten Tag verwaist. Die Stände weisen nicht mehr die üppige Ausstattung aus und anscheinend wurde vielerorts auf Teppiche und großes Catering verzichtet. Noch sind die Städte und Regionen beim wichtigen Branchentreff dabei, aber es muss gespart werden. Düsseldorf selbst hat auch dieses Jahr keine Abstriche gemacht und sticht auch schon dadurch deutlich hervor

Da passt es ins Bild, dass zum ersten Mal vor dem Messegelände demonstriert wurde. Es waren zwar nur eine handvoll Demonstrant*innen, aber klar, das Thema ist natürlich viel größer. Immobilien als Spekulationsobjekte sind ja nicht nur in Frankreich, sondern auch bei uns mehr als ein großer Ärgernis. Menschen werden entmietet, verdrängt, drangsaliert und genötigt, ihre Wohnung zu verlassen, um mit Luxussanierungen die großen Gewinne mitzunehmen.
Das fand in der Rede von Oberbürgermeister Stephan natürlich keine Erwähnung. Statt dessen wurde in der ersten Hälfte des englischen Vortrags die Vorzüge des Standortes gelobt. Ist ja auch seine Aufgabe. Und immer wieder fiel der Begriff „Vibrant City“, der natürlich auch gerne von anderen Städten genutzt wird. Im Herzen Europas sind ja mittlerweile sowie schon alle angekommen und da muss man eben mit Lebendigkeit und urbanem pulsierenden Leben punkten.


Sustainability war auch so ein wiederkehrendes Stichwort und bei der Aussage, dass man, inspiriert von Bürger*innen, mit den Bürger*innen und für die Bürger*innen, die Stadt gestalte, hätte man auch gerne mehr erfahren. Dann wurden die Projekte vorgestellt, die dann im Gegensatz zu den letzten Jahren von der Anzahl geringer ausfielen, fiel aber in Kellers Ansprache nicht weiter auf. Er habe aus wenig dann doch viel gemacht, sagte dann einer der Anwesenden.
Auffällig war das Projekt DUSconnect, ein angeschlossener Mobilitätshub zwischen Flughafenbahnhof und EUREF-Campus. Dafür werden Gleise überbaut und eine separate Abfahrt auf der A44 geplant. Und letzteres sei der Pain-Point. Ob das so genehmigt wird und auch so kommt, sei dahingestellt. Und ob es für den zusätzlichen Bau genügend Mieter gebe? Da sei sie von überzeugt, versicherte mir Karin Teichmann vom EUREF-Campus. Herkömmliche Bürogebäude wären nur noch schwer zu vermarkten, sie aber planten Komplexe, die vielerlei Funktionen hätten. Integration der Hochschule, etablierte Unternehmen, Startups, Event- und Veranstaltungflächen und optimale Anbindung.
Bestätigt wurde diese Sichtweise auch von anderen. Viele Bürogebäude hätten ja schon 20 (!) Jahre auf dem Buckel, eigentlich schon zu alt, eigentlich für New Work nicht mehr brauchbar und eigentlich müsste man sie abreißen und neu planen. Aber man sei gerade etwas im Stillstand und der Markt konsolidiere sich und wir müssten jetzt die Durststrecke überwinden und mit neuen Konzepten einen neuen Anlauf nehmen.
Und während sich die Deutschen in Zurückhaltung übten, versuchten einige Länder zu klotzen. Im Osten von Paris liegt das Büro- und Hochhausviertel La Dèfence. Hier soll der Boulevard Esplanade, der sich bis hin zu Nanterre streckt, massiv begrünt und als effektive Klimaanpassungsmaßnahme geplant werden.


Wer glaubt, damit schon ein Jahrhundertprojekt gesehen zu haben, war nicht auf dem Stand von Saudi-Arabien. Hier sollen saudische Fieberträume wahr werden. Neben Bürogebäuden, die in Hülle und Fülle in Planung sind, wurde u.a. das Projekt „The Line“ vorgestellt – eine vertikale Bandstadt mit nur einer Breite von 200m, aber eine Länge von 2,4 km. Dazu gab es entsprechende Animationen, die eher an dystopische Science Fiction Filme erinnerte. Das war aber gar nichts gegen den „Sports Boulevard“. Auf einer Länge von 135 km, in Worten: einhundertfünfunddreißig km, sollen hier 50 Sportarten angeboten werden. Selbstverständlich umfangreich begrünt, vielen Bäumen und künstlich angelegten Wasserstellen. Woher dieses Wasser allerdings kommen soll, wurde mir nicht erklärt.
Vorträge gab es natürlich auch. Künstliche Intelligenz ist auch im Immobiliensektor angekommen und wird auch in Zukunft eine große Bedeutung erlangen. Ebenso ESG, wobei man nicht genau weiß, wohin sich die Europäische Union entwickelt. Gerade die EU-Taxonomie mit ihren Berichtspflichten ist zur Zeit enorm unter Beschuss und die teilweise Rückabwicklung des Green Deals steht zu befürchten. Und wie sich die „Politik“ von Donald Trump auswirken wird, bleibt auch abzuwarten. Nächstes Jahr auf der Mipim 2026 werden wir mehr wissen.