Chemnitz. Kulturhauptstadt Europas

Chemnitz. Ich mag diese Stadt. Das sieht vielleicht nicht jeder so, aber wer einmal hier gewesen ist, wird seine Meinung schnell ändern. Umso mehr, als Chemnitz dieses Jahr Kulturhauptstadt Europas ist. Im Stadtbild ist es deutlich spürbar: viele Menschen von außerhalb, lange Schlangen an den Museumskassen und viele Autokennzeichen, die kein C vorne stehen haben.

Was lag da näher, als meine Leidenschaft für das Laufen und Kultur zu verbinden. Zur diesjährigen Auszeichnung der Stadt wurde jetzt wieder (einmalig?) ein Marathon veranstaltet. Der letzte langjährige Marathon fand ja 2017 zum letzten Mal statt und wurde danach eingestellt, was ich sehr bedauert habe. Also galt es die Gelegenheit zu nutzen, um noch einmal bei diesem schönen Lauf mitzumachen. Leider mit dem Handicap einer gebrochenen Hand, so dass eine altersgemäße Bestzeit ausgeschlossen war. Aber als Letzter wollte ich natürlich auch nicht ankommen.

Die Fülle der kulturellen Veranstaltungen war überwältigend groß – wenn man wie ich nur ein Wochenende bleiben kann. Immerhin, zwei Museumsbesuche und zwei Theateraufführungen waren drin. Zu Kleist muss man nicht mehr viel sagen. Klassiker. Und die europäische Perspektive bot die Chance, das Stück aus dem Dunstkreis der Schullektüre zu heben. Wird ja sonst auch nicht mehr gelesen. Ein Highlight war das Stück „Europa flieht nach Europa“. Das nach eigenen Angaben dramatische Gedicht stellt die Frage nach der Identität und Zukunft Europas. Großartig war dabei die außergewöhnliche ausdrucksstarke Protagonistin Vera-Cosima Gutmann. Allein ihretwegen hatte sich der Besuch gelohnt.

Nach so vielen Besuchen in Chemnitz war jetzt auch endlich das Industriemuseum vorgesehen. Erst danach lässt sich die Geschichte der Industriestadt Chemnitz besser verstehen. Oft als Manchester des deutschen Ostens bezeichnet hat die Stadt wechselvolle Zeiten erlebt. Eine ganze Reihe von Industriestandorten wurden im Laufe der Zeit aufgegeben, aber für viele Industriegebäude wurden interessante Nachnutzungen gefunden. Heute mausert sich Chemnitz als wachsender Technologiestandort, der auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.

Auch das Museum Gunzenhauser der Kunstsammlungen Chemnitz liefert einen Beitrag zum Jahr der Kulturhauptstadt. Unter dem Titel „European Realities“ widmet sich die Ausstellung erstmals den vielfältigen Realismusbewegungen, die in den 1920er und 1930er Jahren nahezu überall in Europa sichtbar sind. Dabei werden die Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern aus nord-, mittel-, südost-, süd- und westeuropäischen Ländern gezeigt.

Ars longa, vita brevis. Das Wochende war natürlich viel zu kurz für all das, was Chemnitz in diesem Jahr bietet. Aber Grund genug, um bald wieder zu kommen.

Nach oben scrollen