Egal, in welche Stadt ich fahre, sei es beruflich oder privat, immer habe ich meine Laufschuhe dabei. Und auch die Laufklamotten werden immer zuerst in den Koffer gepackt. Alles andere kommt dann nur rein, solange noch Platz ist.
Über die Jahre habe ich gemerkt, dass ich die Städte über das Laufen doch viel näher kennen- und schätzen lerne, als dass dies bei den „normalen“ Aufenthalten überhaupt möglich wäre. Während die anderen, z.B. bei Konferenzen oder Tagungen, ausschlafen und dann gemütlich beim Frühstück sitzen, stehe ich lieber früh auf und jogge los. Jetzt macht es mir auch nicht immer Spaß, um 5:30 aufzustehen, aber den Preis zahle ich gerne.


In den vielen Jahren hatte ich zudem das Glück, in einigen Städten tolle Laufstrecken kennenzulernen. Dazu gehören sicherlich die Städte Dresden, Leizpig, Angers und Cannes. Aber immer ein besonderes Highlight war für mich München, wenn ich an der Isar entlang laufen durfte. Die Strecke ist wohl einmalig, denn im Grunde könnte man weit über 100 km am Fluss entlang joggen. Mir reichen allerdings 10 km in eine Richtung und dann wieder zurück.
Dieses Jahr, während der Expo Real im Oktober 2024, meinte es der ‚Wettergott besonders gut mit den Münchnerinnen und Münchnern. Während es im Westen der Republik regnete, gab es in hier besonders schönes Wetter: blauer Himmel, strahlender Sonnenschein bei 22°C. Ideal, um mit kurzer Laufhose und Funktionsshirt morgens um 6 Uhr nach draußen zu gehen.
Los ging es – eigentlich wie immer – am Gasteig, dann die Rosenheimer Straße hinunter bis zur Kreuzung, wo man auf eine Baustelle mit vielen Baken und Absperrgittern trifft. Anscheinend werden hier im Deutschlandtempo seit Jahren Straßen aufgerissen, wieder zugeschüttet, neu verlegt, Brücken saniert, der Verkehr umgeleitet: ich weiß es nicht. Auf der anderen Seite bin ich, wie wahrscheinlich andere auch, erfreut, wenn mir Bekanntes begegnet. Das schafft Vertrauen und das ist doch etwas, was man in diesen Zeiten wirklich gebrauchen kann.
Aber auch eine Baustelle muss ja irgendwann einmal fertig werden, und wenn dies in ferner Zukunft der Fall sein wird, weiß ich heute schon, dass ich die Baustellenschilder vermissen werde.
Schon geht es mit einem Anstieg nach oben an der Muffathalle vorbei und dann folgt man dem Hauptweg bis zur Maximilianbrücke. Rechter Hand befindet sich der Bayerische Landtag, den ich schaudernd schnell hinter mir lasse. Dann geht es wieder hinunter, vorbei am Maximilianswerk, bis man dann endlich ohne weitere Anstiege entlang der Isar laufen kann. Die Wege sind befestigt, wassergebundene Decke sagen die Experten, und auch gelegentliche großflächige Pfützen stören nicht wirklich. Die meiste Zeit läuft man unter hochgewachsenen Bäumen und üppigem Grün immer weiter nach vorne.
Alles könnte so schön sein, ja idyllisch, wenn nicht so viele Kampfradler unterwegs wären. Viele sind schon früh morgens mit dem Fahrrad unterwegs, was ja im Prinzip eine gute Sache ist. Allerdings mit einer Geschwindigkeit, die Fußgänger*innen und Joggende potenziell gefährden. Und es sind ja nicht nur Rennradenthusiast*innen unterwegs, sondern auch Menschen mit Trekking- oder Hollandrad. Das Ganze wird verschärft durch die Räder mit Motorunterstüzung: E-Bikes, Pedelecs, Lastenräder mit mehreren Kinder an Bord und natürlich die unvermeidlichen Scooter.


Alles rasen mit irrer Geschwindigkeit mir entgegen oder überholen – ohne Klingel – unerwartet von hinten. Das gilt vor allen Dingen für die Unterführungen der vielen Brücken, die einem auf den Weg begegnen. Verbotsschilder interessieren hier nicht, und ohne Rücksicht auf Verluste brettern alle hier herunter. Also vergewissere ich mich lieber drei Mal, ob ich irgendeine Linie überschritten habe. Ich weiß jetzt nicht, warum es alle so eilig haben und unter Zeitdruck stehen. Aber vielleicht haben die bayerischen Fahrradfahrenden von Natur aus strammere Wadln und können deshalb stärker in die Pedale treten oder sind besonders ehrgeizig. Man weiß es nicht. Ich weiß nur, dass man das Ganze in Düsseldorf wesentlich gemütlicher angeht und so sollte es auch sein.
Nach ingesamt 5 km passiert man den Stauwehr Oberföhring und dann geht es weiter an der teilweise renaturieren Isar entlang bis zur Brücke, über die die A99 führt. Der Weg bis dahin bietet wirklich spektakuläre Aussichten. Jetzt nach 10 km geht es leider wieder zurück, aber dafür kann man jetzt alles doppelt genießen. Ich jedenfalls habe es getan.