
Die Smart Country Convention in Berlin hat sich zum Hot-Spot der Verwaltungsdigitalisierung gemausert. So viele Besucher und Aussteller wie nie und die sorgten für wuseliges Gedränge in vollen Hallen. Meine drei Tage waren gefüllt mit Workshops, Vorträgen, Gesprächen mit Ausstellern und dem Austausch mit vielen guten Bekannten. Und auch wenn mir jetzt der Schädel nach so viel Input brummt, kann ich jetzt schon sagen, dass sich in Deutschland in allen Aspekten der digitalen Transformation viel bewegt und dass sich zweitens Düsseldorf überhaupt nicht verstecken muss.
Die vielen Aussteller, die auf der Messe ihre „Lösungen“ anbieten, zeigen schon einmal, dass eine gesteigerte Nachfrage von Seiten der Kommunen besteht. Und tatsächlich ist der Druck auf Bund, Länder und Kommunen größer denn je. Die Versäumnisse der Vergangenheit holen uns jetzt ein. Dazu gehören die mangelhafte Glasfaseranbindung, gerade in den ländlichen Gebieten, die nur schleppend vorangeht. Es sind die Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger, die nicht den Erwartungen der Menschen entsprechen. Auch wenn jeder/jede statistisdh nur zweieinhalb Mal pro Jahr Kontakt mit einer Behörde hat, so werden heute medienbruchfreie Leistungen erwartet. Der Gang zum Amt wird zunehmend als lästig empfunden – und da müsste man überhaupt erst einmal einen Termin bekommen.
Auch bei der Umsetzung der Vorgaben aus der EU tut sich Deutschland schwer. Zu nennen sei da beispielhaft die Single Gateway Verordnung, die immer noch nicht vollständig auf den Weg gebracht wurde. Aber auch der Data Act, AI Act, AI Action Plan, etc. bringen Deutschland in Bedrängnis. Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, Digitale Zwillinge, Echtzeitsatellitendaten von Copernicus Sentinel, Virtual und Augmented Reality warten in den Kommunen auf flächendeckenden Einsatz.

Wohin man schaute und ging: Überall war zu hören, jetzt müsse es wirklich vorangehen, groß denken sei angesagt, die Hürden des Föderalismus wären zu überwinden und dem Zuständigkeitswirrwarr müsse ein Ende gesetzt werden. Das war jetzt nichts unbedingt Neues und das Lamento kannte ich seit vielen Jahren aus ähnlichen Veranstaltungen, aber dieses Mal ließ sich ein neuer Ton bemerken: das Ende der Geduld und der unbedingte Willen, in die Umsetzung zu kommen. Die Hoffnung nährte sich auch durch das neu gebildete Digitalministerium, von der viele anscheinend glaubten, allein die Bildung eines eben solchen könnte der entscheidende Funke sein. Viel Druck auf Minister Wildberger und wir werden sehen, was er bewirken kann.
Urbane Datenplattformen waren ein großes Thema auf der Messe. In einem Workshop zum Austausch der Kommunen untereinander wurde deutlich, dass alle, auch wenn sie sich im Aufbau dieser Plattformen in verschiedenen Entwicklungsstadien befinden, alle doch noch am Anfang stehen und mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen haben. Kolleginnen und Kollegen rücken ihre Daten nicht heraus, man weiß nicht, wer was in welcher Qualität wo gepeichert hat usw. Das Übliche eben. Und die Unsicherheit bei vielen Mitarbeitenden in der Verwaltung ist groß, denn der angemessene Umgang mit Daten, das Erkennen von Potenzialen in der Künstlichen Intelligenz und das Überwinden der Silos – das alles muss gelernt werden und lässt sich natürlich lernen. Ist sowieso alternativlos.
Smart City war auch so ein Fokus-Thema. Sensorik aller Orten im Dienste von Verkehrsflüssen und der Klimaanpassung, aber oft war nicht klar, was denn eigentlich der Use-Case ist. Daten zu erheben und zu erfassen, ist das eine, die Frage aber, was denn daraus folgt und welche Aktion dann damit ausgelöst wird, blieb dann manchmal unbeantwortet. Ich hatte das Gefühl, dass die Technologie verkauft wird und man sich später Gedanken macht, was man damit eigentlich machen kann. Das ist natürlich nicht die richtige Reihenfolge.
Weiten Raum nahm auch das Thema „Digitale Souveränität ein. Um im Klartext zu bleiben: Wie können wir uns der dominierenden Technik und Software amerikanischer Tech-Giganten unabhängig machen? Gleiches gelte aber für die heimischen Anbieter von Fachverfahren, die in einzelnen Fällen eine Monopolstellung haben. Wie können wir Lock-In-Effekte verhindern. Dazu diskutierten Thomas Jarzombek, Parlamentarischer Staatssekretät beim Bundesminister für Digitales und Jan Pörksen, Staatsrat in Hamburg, auf einem Panel. Die Leidenschaft und das Leiden waren zu spüren beim Deep Dive in Verwaltungsstrukturen und Prozessen. Auf Knopfdruck funktioniert da jetzt erst einmal nicht. Aber niemand sagte, es sei einfach.
Ansonsten waren die Angebote unüberschaubar und für mich faszinierend zu sehen war, wie weit und überzeugend manche Anwendungen gediehen sind. Seien es Chatbots, die während des Ausfüllens von Formularen Hilfestellung geben, sei es die automatische Übersetzung in Echtzeit von deepl für Konferenzen und Telefonate, aber auch die EUDI Walletlösung und die vielen Startup-Ideen.


Fazit: Deutschland ist nicht so schlecht, wie manche denken, aber es ist noch Luft nach oben. Solides Mittelfeld mit aufstrebende Tendenz. Und als Düsseldorfer Politiker stelle ich fest, dass wir, bei all dem, was ich gesehen habe, durchaus mit den anderen Städten mithalten können. Von daher wäre es doch angebracht, wenn die Landeshauptstadt Düsseldorf nächstes Jahr mit einem eigenen Stand vertreten wäre.
Kurzer, aber netter Austausch mit Alexander Smolianitski (ZenDiS), Peter Adelskamp, Harald Wehle, Thomas Weindl, Daniele Grigoli und vielen anderen.