NRW-USA Summit 2024

Beim NRW-USA Summit in den Räumen der NRW.Bank wurden die transatlantischen Beziehungen mit Blick auf die wirtschaftlichen Chancen beider Länder ausgelotet. Die scheidende Generalkonsulin Pauline Kao, die hervorragend Deutsch spricht, bekräftigte ausdrücklich die guten Beziehungen zwischen NRW und den USA. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „A perfect match!“, was im Flächenvergleich zwar nicht ganz passte, aber da das MWIKE (Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie) eingeladen hatte, ging das in Ordnung. Zumal NRW für 2023/2024 das NRW-USA-Jahr ausgerufen hatte.

Die deutsch-amerikanische Freundschaft wurde oft beschworen, obwohl dies unter normalen Umständen gar nicht nötig gewesen wäre. Gerade die Deutschen sind wie selbstverständlich mit amerikanischer Musik und Filmen, mit amerikanischer Technik wie Computern, Smartphones und digitalen Plattformen aufgewachsen. Es gibt also eine “natürliche” Affinität, ganz zu schweigen von den USA als Sehnsuchtsziel für den Urlaub. Doch was ist in diesen Zeiten noch normal? Der große Elefant – die Präsidentschaftswahlen in den USA – stand im Raum, jeder konnte ihn sehen und jeder umging ihn elegant, ohne ihn verbal zu erwähnen.

Ministerin Mona Neubaur ging auf die transatlantischen Beziehungen ein und musste einräumen, dass hier in Deutschland oft zu langsam und zu bürokratisch vorgegangen werde. Das alles ist kein Geheimnis und die Forderung nach schnelleren Genehmigungsverfahren ist so alt wie die Bundesrepublik selbst. Das macht es natürlich nicht besser und mittlerweile sind föderale Befindlichkeiten, Zuständigkeitsansprüche, Silodenken und Verwaltungsstrukturen aus dem 19. Jahrhundert ernstzunehmende Herausforderungen, die sich negativ auf den wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland auswirken. Im Vergleich mit anderen europäischen Industrieländern liegt Deutschland auf den hinteren Plätzen.

Mona Neubaur war sich der vielen Herausforderungen bewusst, vor denen NRW und Deutschland stehen, betonte aber zu Recht, dass man sich hier nicht verstecken müsse, so ihre Botschaft. NRW sei wirtschaftlich erfolgreich, habe eine vielfältige Hochschullandschaft, sei ein guter Standort für Start-ups und habe viele mittelständische Hidden Champions.

Keynote-Speaker Christian Kullmann von Evonik hielt eine teils blumige Rede und stellte, einmal in Fahrt, auch direkt einige steile Thesen auf. Der Multilateralismus funktioniere nicht mehr und der regelbasierte Welthandel sei am Ende, so Kullmann. Die Chinesen, aber auch andere, wollten hegemonial ihre eigenen Regeln durchsetzen, und weil viele andere Nationen technologisch aufgeholt hätten, könne man den Status quo nicht mehr halten und verliere jetzt bestimmte Industriesegmente, weil sie nicht mehr wettbewerbsfähig seien. Seine Argumentation war hermeneutisch nicht sauber, sondern eher ein Blick in die Glaskugel.

Als Lösung schlug er den Abschluss eines Freihandelsabkommens vor. Er kritisierte das Scheitern von TTIP und diskreditierte die damalige Diskussion mit der These, es sei nur am “Chlorhühnchen” gescheitert. Dem war natürlich nicht so. Die Kritik der Gegner richtete sich vor allem gegen eine befürchtete Paralleljustiz durch Schadensersatzklagen. Und das waren keine Einzelmeinungen: Mehr als 500 europäische Organisationen hatten sich der Europäischen Bürgerinitiative „Stop TTIP“ angeschlossen, darunter Attac, Greenpeace, die Deutsche Umweltstiftung, die Gewerkschaft ver.di, Brot für die Welt und der BUND. Immerhin waren sich alle mit Kullmann einig, dass die Deutschen vom pragmatischen Optimismus der Amerikaner nur lernen könnten. 

Wohl war, und das wurde auch besonders deutlich bei der Paneldiskussion zum Thema “Future of Computing”. Beim Fundraising in dreistelliger Millionenhöhe hätten es Start-ups in den USA wesentlich leichter. In der Tat standen in diesem Panel weniger die Technologie, sondern die Finanzierung von Ideen und Startups im Vordergrund. Unzweifelhaft ist, dass das Silicon Valley mit dem Nebeneinander von Big Tech, VC-Gesellschaften und Universitäten ein ideales Öko-System bildet. Netzwerke seien hier sehr effektiv, weil der “Wert” des Einzelnen auch darauf beruht, wie schnell und effektiv sie oder er Kontakte vermitteln könne.

In Deutschland – wie nicht anders erwartet – sei das alles komplizierter: Bescheinigungen, Sicherheiten, fehlende Netzwerke, Stiftungen ohne passende Experten, mangelhafte Rückmeldungen waren da ein paar Stichworte. Und bevor das alles in die  typisch deutsche Griesgrämigkeit abdriftete, musste Moderator Daniel Stadler vom NMWP.NRW noch einmal die Erwartungen etwas gerade rücken. Und auch Sabine Blankenship vom MWIKE relativierte mit dem Hinweis, dass das Silicon Valley nicht typisch sei für die komplette USA, es gebe da auch ganz andere Regionen.

Also: können wir von den Amerikanern lernen? Nach dem Summit kann ich das nur bejahen. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass es hier und wie dort verschiedene Einstellungen und unterschiedliche Regeln gibt. Ob das ein oder andere denn so viel besser ist, lässt sich nicht so leicht beantworten. Man kann ja nicht behaupten, dass Deutschland mit dem Gegenteil des amerikanischen Easy Going nicht auch erfolgreich gewesen wäre und immer noch ist. Auf der anderen Seite hat auch die Einstellung der Amerikaner mit Fokus auf Gewinnmaximierung ihren Preis. Die Schere zwischen Arm und Reich ist enorm. Und deshalb hilft es immer, wenn man mehr miteinander redet. Und das als Fazit kann sicherlich jeder unterschreiben.

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