Die wire & Tube Convention 2024 auf dem Gelände der Messe Düsseldorf stand ganz unter dem Motto: „Die grüne Transformation der Stahlindustrie – wie sie heute schon gelingt“.

Die Stahlindustrie ist führend bei den CO2-Emissionen. Und deshalb stellt sich schon die Frage, welchen Beitrag die Industrie, speziell die Metallindustrie, zur angestrebten Klimaneutralität leisten kann. Die Aufgabe ist alles andere als leicht, aber die Referent*innen als Vertretung namhafter Firmen versuchten schlüssige Antworten zu liefern. Es waren spannende Insights von der Swiss Steel Group, Kloeckner Metals, Georgsmarienhütte, ArcelorMittal und oestalpine, die auf technisch hohem Niveau aktuelle Forschungsergebnisse und Innovationen vorstellten. Die grüne Transformation wurde nicht hinterfragt und davon zeugte auch die Bereitschaft, in Pilot-Projekte zu investieren, die neue Wege in der Stahlerzeugung aufzeigen.
Klar, auch die politischen Rahmenbedingungen kamen zur Sprache und vor dem Hintergrund der Ereignisse um Thyssen-Krupp Steel in Duisburg erfuhr das Konferenzprogramm allerdings noch einmal eine besondere Bedeutung. Die Stahlsparte des Industriekonzerns beschäftigt knapp 27.000 Mitarbeiter, 13.500 davon arbeiten allein in Thyssen-Krupps Stahlwerk im Norden von Duisburg. Dazu kommen weitere rund 3000 Beschäftigte im Stahlwerk der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden. Der Vorstand möchte die Produktionskapazitäten um etwa 20% verringern, was möglicherweise auch ein Abbau von 5.000 Stellen bedeuten könnte. Genaue Zahlen wurden nicht genannt, aber Experten befürchten eine schleichende Abwicklung der Stahlproduktion.
In der Tat war in der letzten Zeit viel von der Deindustrialisierung Deutschlands die Rede. Dabei gehen auch unter Ökonomen die Meinungen weit auseinander. Manchmal lässt sich schwer sagen, was noch Lobbyismus und was ernste Sorge ist. Immer wieder werden konkurrenzfähige Strompreise, einen Abbau von Bürokratie, schnellere Genehmigungsverfahren, die Bekämpfung des Fachkräftemangels und eine Steuerreform als vordringliche Aufgabe des Staates genannt.
„Wir Unternehmer haben das Vertrauen in die Bundesregierung verloren“, sagt dann nicht nur Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger bereits im Januar dieses Jahres. Sicherlich eine extreme Äußerung, aber es gibt auch andere Perspektiven. Einige Ökonomen fordern Unternehmen auf, das Geld besser in die grüne Transformation fließen zu lassen. Mehr Investitionen statt Ausschüttungen und Rückkauf von Aktien. Die Wirtschaft der Zukunft könne nur mit erneuerbarern Energien gelingen.
Auch Siegfried Russwurm, Präsident des BDI, unterstützt das Ziel des Bundes, bis 2045 klimaneutral zu werden. In einem Interview mit der SZ betonte er, dass aber noch viele Fragen ungeklärt seien: „Technisch wissen die Unternehmen, wie es geht, auch in der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie. Aber das steht immer unter der Vorbedingung, dass es für alle genügend erneuerbare Energie, genügend Wasserstoff gibt. Wir müssen sofort klären, wie wir zu mehr grünem Strom und zu mehr Wasserstoff kommen. Wo kommt der her, bis wann, in welchen Mengen? Wie schließen wir den Süden an die künftigen Energienetze an, wenn im Norden nicht nur der meiste Windstrom anfällt, sondern auch importierter Wasserstoff angelandet wird?“
In der Tat sind verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen unerlässlich. Und da vermittelt die Bundesregierung nicht unbedingt den Eindruck, dass alle in die gleiche Richtung marschieren. Es geht um Billionen von Euro Mehrinvestitionen und die Planungen dazu müssen jetzt passieren, da Genehmigungsverfahren in der Regel lange dauern. Ganz so schlimm wird es sicherlich nicht kommen und von einem Sterben der Industrie kann keine Rede sein.
Auch in der Chemieindustrie wurden diese Diskussionen geführt, aber nach dem Konjunktureinbruch im vergangenen Jahr wächst der Optimismus in der Branche wieder. Conrad Keijzer, Chef des Schweizer Chemiekonzerns Clariant, sagte dem Handelsblatt jüngst: „Die Aussichten für die chemische Industrie werden sich vermutlich im laufenden Jahr und sehr sicher im nächsten Jahr aufhellen.“
Also: Etwas mehr Mut würden uns allen gut tun.